Abermals versuchten bayerische Behörden, Mheddin Saho nach Spanien rückzuführen. Nun hat ihn eine evangelische Gemeinde aufgenommen.
BERLIN taz | Der 25-jährige Mheddin Saho ist in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag einer Rückführung nach Spanien entgangen. Unterstützer teilten mit, er sei im Kirchenasyl und dort zunächst sicher. Der blinde Syrer sollte aus dem niederbayerischen Rottenburg an der Laaber abgeschoben werden, da er mit einem spanischen Schengen-Visum eingereist war, bevor er in Deutschland einen Asylantrag stellte.
Es sei ein Skandal, dass ein Kirchenasyl nötig sei, um einen zu 100 Prozent schwerbehinderten, alleinstehenden Menschen vor einer Rückführung zu bewahren, sagt Stephan Reichelt vom Verein Matteo Asyl, der das ehrenamtliche Engagement bayerischer Gemeinden und Klöster für Geflüchtete koordiniert. „Wenn in so einem schweren Fall nicht der Paragraf 17 der Dublin-Verordnung zum Tragen kommt, wann dann?“
Der Paragraf erlaubt Mitgliedsstaaten, aus humanitären Gründen und in Härtefällen von den Zuständigkeitskriterien abzuweichen. Reichelt steht in Kontakt mit der evangelischen Gemeinde, die Mheddin Saho aufgenommen hat. Derzeit sei ein Kirchenasyl bis Ende September angedacht.
Ein erster Rückführungsversuch am 22. Juli musste abgebrochen werden, als der Pilot sich weigerte, den panischen Mann mitzunehmen. Daraufhin wurde Saho in Abschiebehaft genommen. Seine Rottenburger Betreuungsfamilie Zierer versuchte, über die Evangelische Landeskirche und den stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten Aiwanger von den Freien Wählern auf die Behörden einzuwirken. Doch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hält an der Rückführung unter der Dublin-Konvention fest.
Rechtsanwalt Thomas Oberhäuser sah keine rechtliche Möglichkeit, die bayerischen Verwaltungsrichter zu überzeugen, ihre Entscheidung zu überdenken. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württembergs habe die vom Europäischen Gerichtshof formulierten Anforderungen an Rückführungen unter den Schlagworten „Brot, Bett, Seife“ summiert. „Wenn das vorhanden ist, ist es egal, wie es sonst aussieht“, sagt Oberhäuser. Es liege im Ermessen der Behörden, auf die besondere Schutzbedürftigkeit eines blinden Menschen einzugehen oder diese zu ignorieren.
Parallel zum Kirchenasyl hat Familie Zierer eine Petition an Bundesinnenminister Seehofer gestartet, die auch auf avaaz.org einzusehen ist. Nun hoffen Familie Zierer und ihre Unterstützer vor allem auf eine Intervention des bayerischen Landesbischofs und EKD-Vorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm. Der 25-jährige Syrer hatte an der Ankaraner Elite-Uni METU einen Abschluss mit Bestnote gemacht und wollte an der Ludwig-Maximilan-Uni in München studieren. Eine Zulassung für einen Studienplatz im Master der English Studies hat er bereits.