İsmet Kılıç befindet sich seit 42 Tagen in slowenischer Haft. Trotz dünner Beweislage hat ein Gericht am Mittwoch entschieden, die Haft fortzusetzen.
Der Duisburger İsmet Kılıç, der von der Türkei per Red Notice gesucht wird und sich seit dem 26. Juli in Slowenien in Haft befindet, bleibt dies auch nach einer Gerichtsverhandlung am Mittwoch.
Das Gericht hat Abschiebehaft verordnet, da noch „kein eindeutiger Grund“ gegen seine Auslieferung an die Türkei bestehe. Kılıçs Anwalt Pavel Djurkovic sagte der taz gazete, sein Mandant werde gegen diesen Beschluss Einspruch einlegen. Die Entscheidung des Gerichts bedeute nicht, dass Kılıç an die Türkei ausgeliefert werde. Würde Kılıç an die Türkei ausgeliefert, müsste er eine mehrjährige Haftstrafe antreten.
Der 54-jährige İsmet Kılıç war im Juli auf dem Rückweg von einer Urlaubsreise nach Kroatien wegen eines Red Notice-Ersuchens der Türkei an der slowenischen Grenze festgenommen worden. Der Taxifahrer ist sowohl deutscher als auch türkischer Staatsbürger. Seitdem wird er in der slowenischen Stadt Koper festgehalten. Wegen gewerkschaftlicher Aktivitäten war Kılıç im Jahr 1996 mit der Begründung der „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. 1997 kam er als politischer Flüchtling nach Deutschland, wo er 2009 eingebürgert wurde. In der Türkei hatte er als Tierarzt gearbeitet und war als Vorstand der Gewerkschaft der Kommunalangestellten BEM-SEN aktiv.
Anwalt Djurkovic kritisierte die Beschlussgrundlage der slowenischen Behörden: „Die türkischen Behörden haben nur eine von der Staatsanwaltschaft verfasste Notiz eingereicht, in der nicht einmal die Haftstrafe genannt wird, die gegen ihn verhängt wurde. Mein Mandant wurde vom Staatssicherheitsgericht verurteilt. Es handelt sich dabei um ein problematisches Gericht, dessen Urteile vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht anerkannt werden.“
Die slowenischen Behörden fordern nun Unterlagen aus Kılıçs Asylverfahren. Da diese Einträge nach 20 Jahren gelöscht werden, kann der deutsche Staatsbürger dem aber nicht nachkommen. Wenn Kılıç nachweisen kann, dass ihm in einem EU-Land aus politischen Gründen Asyl gewährt wurde, wäre seine Ausweisung an die Türkei rechtlich nicht mehr möglich. Sein Anwalt bezeichnete die Situation als absurd: „Deutschland hat meinem Mandanten im Jahr 1997 Asyl gewährt und ihn dann eingebürgert.“ Die slowenischen Behörden könnten das nicht ignorieren.
Nurgül Kılıç, die Ehefrau von İsmet Kılıç, kritisiert, die Bundesrepublik und auch die deutsche Botschaft in Slowenien würden sich nicht ausreichend um das Verfahren ihres Ehemannes kümmern: „Alle befinden sich im Schlaf, niemand möchte aufwachen. Wenn die Bundesrepublik Druck ausgeübt hätte, hätte der Richter nicht so entscheiden können.“ Kılıçs Familienangehörige waren davon überzeugt, dass er nach 40 Tagen Haft freigelassen werden würde. Nurgül Kılıç sagt, ihr Mann habe gesundheitliche Problem. Sie wünscht sich Unterstützung von deutschen Politikern. An einer Kundgebung, die am Samstag in Duisburg stattfinden wird, werde ein Abgeordneter der Linken teilnehmen, so die Ehefrau.
Der Fall von Kılıç ist nicht der erste dieser Art. Der Schriftsteller Doğan Akhanlı, ebenfalls deutscher Staatsbürger, wurde 2017 in Spanien zunächst festgenommen und dann 40 Tage lang mit einer Ausreisesperre belegt. Akhanlı sagte der taz gazete, dass das Auswärtige Amt in seinem Fall wegen des öffentlichen Drucks zu einer schnellen Lösung gedrängt hatte. „Die Bundesregierung darf nicht danach handeln, ob ein deutscher Staatsbürger bekannt ist oder nicht, sondern sollte alle gleich behandeln“, so Akhanlı. Auch die Bundesregierung sei dafür verantwortlich, dass Kılıç in Slowenien festgehalten wird: „Die deutschen Behörden wussten Bescheid. Sie hätten ihren Staatsbürger warnen müssen.“
Aus dem Türkischen von Levent Konca