Der Reporter Nedim Türfent verbrachte über 18 Monate in Isolationshaft. Im Dezember 2017 wurde er zu über acht Jahren Haft verurteilt.
Im Sommer 2015 herrscht in den mehrheitlich kurdischen Gebieten der Türkei der Ausnahmezustand. „Ihr werdet die Macht des Türken spüren! Was hat euch dieser Staat getan?“, schreit der Sicherheitsbeamte Männer an, die mit gefesselten Händen auf dem Boden liegen. Die Aufnahmen stammen aus Hakkari im Südosten des Landes.
Der 28-jährige Journalist Nedim Türfent ist der Erste, der über diese Aufnahmen schreibt und damit für kurze Zeit die Nachrichten und die sozialen Medien des Landes dominiert. Seit sechs Jahre arbeitet er zu diesem Zeitpunkt für die später per Staatsdekret geschlossene Nachrichtenagentur DIHA. Angefangen hat er dort als Übersetzer für englische Texte, erzählt sein Kollege Apo Gök der taz. 2015 habe er sich entschlossen, von Diyarbakır ins benachbarte Hakkari zu seiner Familie zu ziehen und als Reporter aus einem Gebiet zu berichten, den der westliche Teil der Türkei mehrheitlich ignoriert.
Die Berichterstattung aus diesen Gebieten ist und bleibt schwierig. Türfent berichtete in diesen sechs Jahren vor allem über Abriegelungen, Ausgangssperren und kriegsähnlichen Auseinandersetzungen im Südosten der Türkei.
Vom ersten Tag an habe Türfent mit den Sicherheitskräften zu tun gehabt, vor allem die Berichterstattung während der Ausgangssperre habe ihn einerseits herausgefordert, andererseits seine Arbeit erheblich erschwert, so Gök weiter. Mehrfach wird er während seiner Tätigkeit über die sozialen Medien bedroht, sogar mit dem Tod.
Am 13. Mai 2016 wird Türfent in Van festgenommen. 22 Jahre Haft werden gefordert wegen „Mitgliedschaft und Propaganda für eine Terrororganisation“.
Seit dem 26. Mai 2016 befindet sich der Reporter nun in Haft, über 18 Monate davon in Isolationshaft. Vor einem Monat, am 15. Dezember 2017, wurde er zu acht Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Er ist einer von rund 150 Journalisten, die derzeit in der Türkei im Gefängnis sitzen.
Das Gerichtsverfahren glich einer Farce: 19 von 21 Zeugen zogen im Laufe des Verfahrens ihre Aussagen zurück und versicherten, dass diese unter Folter erzwungen wurden. Sein Kollege Gök erzählt, dass Nedim Türfent nun mit zwölf weiteren Insassen in einer Zelle eingesperrt ist. Am vergangenen Freitag erhielt Türfent endlich seine begründete Urteilsverkündung. Seine Anwälte kündigten bereits an, in Revision zu gehen.
Türfent freut sich über Post, wenn sie zu ihm durchkommt:
Nedim Türfent
Yüksek Güvenlikli Kapali Ceza Infaz Kurumu
A-49 /Van